Im Folgenden sollen aus Rachmaninows Prélude in G-Moll Schlüsse zu dessen Art, ein solches Stück zu komponieren beziehungsweise zu dessen Stil gezogen werden. Als Basis hierzu dient der ,,Alla marcia“-Teil (bis Takt 34 (-> siehe Anhang)).
Das 1901 von Sergei Wassiljewitsch Rachmaninow fertiggestellte Prélude in G-Moll mutet in seiner Tonalität im Kontrast zum aufkommenden Expressionismus gleichmäßig, harmonisch und trotzdem spannend an. Der gewählte am Anfang stehende Auszug erinnert hierbei durch die vorherrschende Rhythmik an einen militärischen Marsch.
Der gewählte Auszug des Stücks soll ,,Alla marcia“, also marschartig beziehungsweise im Tempo eines Marsches gespielt werden, wobei die Taktart bis auf zwei Ausnahmen der 4/4 Takt ist. Insgesamt lässt sich der Auszug in eine ternäre Struktur, also die Form ABA gliedern. Hierbei geht der erste A-Abschnitt von Takt 1-16, der B-Abschnitt von 17-24 und der zweite A-Abschnitt von Takt 25-34.
Rachmaninow beginnt das Stück passend zur Tonlage mit einem g-Moll Akkord, welcher in einer für den gesamten Marschteil typischen Form auftritt. Zuerst wird der Grundton des Akkord in der rechten Hand einfach und in der linken Hand als Oktave in Form einer Achtel gespielt, hierauf folgen die übrigen Töne in der rechten Hand als Zweiklang, wobei in der linken Hand der Grundton erneut auftritt und somit nur in Kombination mit der rechten Hand der vollständige Dreiklang entsteht. Die Zweiklänge werden in beiden Händen dreimal, erst als zwei Sechzehntel, dann als Achtel angeschlagen. Bereits hier zeigen sich viele durchgängig im Stück vorhandene Aspekte. Erstens spielen beide Hände fast durchgängig parallel zueinander, Töne werden gleichzeitig angeschlagen, wobei sich die gespielten Töne zu Akkorden ergänzen, was in Kombination mit dem gleichzeitigen Anschlagen für eine harmonische Wirkung sorgt (auch sind die Bewegungsrichtungen und Intervalle übereinstimmend à in Richtung unisono). Zweitens wird das Hauptmotiv der Rhythmik, in seiner kleinsten Form eine auf zwei Sechzehntel folgende Achtel eingeführt, wobei vor dieser Sequenz meist eine Achtel, Viertel oder punktierte Viertel steht und dies in Form von Akkorden angeschlagen wird. Diese Form ist aufgrund des parallelen Spielens besonders präsent. In den Aspekten zeigt sich, dass das Stück von regelmäßigen Strukturen geprägt ist und nicht der im Expressionismus wahrgenommenen Unordnung folgt. Die Strukturen umfassen Bewegungen, Tonlängen und Akkorde, was besonders in dem am Anfang stehenden Motiv deutlich wird, welches leicht abgewandelt zum Beispiel am Anfang der Takte 1-7, 10 und im Folgenden zweiten A-Teil vorkommt (siehe Markierungen in den Noten). In den ersten drei Takten wird dieses Motiv mit einer Achtel eingeleitet, daraufhin mit einer punktierten Viertel, ab der zweiten Hälfte des dritten Takts wird in der linken Hand an Stelle des Zweiklangs ein Zweiklang mit zweimal vorkommendem Ton verwendet, ab der zweiten Hälfte des vierten Taktes werden in beiden Händen Dreiklänge oder Zweiklänge mit doppelt vorkommendem Ton (oktaviert) gespielt. In den durch das Zusammenspiel der Hände erzeugten Akkorden herrscht auch eine gewisse Gleichmäßigkeit. So kommt mehrfach (in unterschiedlichen Anordnungen / Umkehrungen) der D-Dur Akkord vor (z.B. Anfang Takt 5, 6, 7), welcher mit weiteren Dur Akkorden (z.B. B-Dur, Takt 4) für eine eher positive Stimmung sorgt. Durch die Steigerung der Anzahl an angeschlagenen Tönen kommt es zu einem voluminöseren Klang und hieraus folgend einer Steigerung der Spannung. Diese wird weiterhin durch die Lautstärkeänderungen erzeugt. So bildet der Abschnitt von Takt 1-9 einen Spannungsbogen: Von piano aus steigt die Lautstärke (crescendo) bis zu forte im fünften Takt (Höhepunkt dieses Abschnitts) und sinkt (diminuendo) hierauf wieder zu piano und danach über ein weiteres diminuendo zu pianissimo. Der neunte Takt steht zudem als Abschluss dieses Abschnitts des A-Teils im 2/4-Takt. Auf diesen folgt ein dem ersten Abschnitt ähnlicher Teil. Auch hier steigt die Lautstärke innerhalb von 5 Takten von piano auf forte, was in beiden Fällen besonders durch ein crescendo im dritten Takt geschieht. Zudem ähneln beziehungsweise gleichen sich einige Takte und auch hier wird der Klang durch mehrfach in einem Akkord vorkommende Töne (z.B. in Takt 13) voluminöser. Neben weiteren Gemeinsamkeiten wie großem Ambitus (zum Beispiel verdeutlicht durch Notenschlüsselwechsel), einem 2/4 Takt am Ende und dem weiterhin einheitlichen Rhythmus, ist der Hauptunterschied, dass die Spannung (indiziert von der Lautstärke) in diesem zweiten ähnlichen Abschnitt nicht wieder fällt, sondern stark angestiegen in den B-Part mündet. Insgesamt ist der A-Teil durch häufig wiederkehrende Muster, fließende Lautstärkeübergänge, die vorherrschende Tonalität und den durchgängigen Rhythmus gleichmäßig und doch durch mehrere Aspekte von Spannung begleitet. Spannung erzeugen zum Beispiel die großen Intervalle zwischen Abschnitten kleiner Intervalle, welche durch den Rhythmus besonders abrupt wirken (zum Beispiel in der Mitte des zweiten Takts). Der Aspekt der sich wiederholenden Muster in Kombination mit den durch den Rhythmus klar wahrzunehmenden Taktschlägen und dem rhythmischen Motiv erzeugt das gewollte Erscheinungsbild eines Marsches, welcher zum Beispiel zur Motivation im Krieg oder beim militärischen Marschieren genutzt wurde. So entstand eine der bekanntesten Aufnahmen im Rahmen eines von der Sowjetunion gedrehten Films an der Front im Zweiten Weltkrieg.
Diese Musik war bei Rachmaninow im Gegensatz zu vielen Komponisten der westlichen Welt von wie bereits der A-Teil zeigt Tonalität und Harmonik also bestimmten Formen, aber auch Spannung geprägt. Die Gleichmäßigkeit kann für empfundene Stabilität sprechen, doch das von Sechzehnteln und Achteln geprägte schnelle Tempo und die große Geschwindigkeitsdifferenz, wenn das Motiv der Rhythmik (Sechzehntel – Sechzehntel – Achtel) nach, wie häufig, einer punktierten Viertel folgt, sorgen gleichzeitig für ein Gefühl der für diese Zeit typischen Hektik.
Auf den in erhöhter Lautstärke und Spannung endenden A-Teil folgt als Höhepunkt des Marsches der B-Teil, welcher von Sechzehntelbewegungen in Form von in beiden Händen parallel gespielten Akkorden beziehungsweise Teilen von Akkorden geprägt ist. Im Verhältnis zum A-Teil nehmen sowohl die horizontale Dichte an Noten beziehungsweise auch die vertikale Dichte an Noten zu. Insgesamt kommt es durch die Erhöhung der Geschwindigkeit beziehungsweise Dichte der Noten zu einer Dramatisierung. Das in A festgestellte rhythmische Motiv ist allerdings auch hier meist mehrmals in jedem Takt vorzufinden, sodass das Gefühl von Konsistenz und Gleichmäßigkeit aufrechterhalten wird (siehe Markierungen in den Noten). Allerdings kommt zu diesem dreifachen Anschlagen von Klängen eine Aufwärtsbewegung in Sekunden als häufig auftauchendes Motiv (z.B. Ende Takt 17, 18, 19), welche häufig am Taktende steht. Diesen Aufwärtsbewegungen bestehend meist aus vier Sekunden aufwärts häufig gefolgt von einer Sekunde abwärts. Den Aufwärtsbewegungen steht am Ende des B-Teils eine sich über einen Takt erstreckende Abwärtsbewegung in Sekunden und teils Terzen entgegen. Der erste von den schnellen dichten Aufwärtsbewegungen gezeichnete Abschnitt des B-Teils (Takt 17 – Anfang 23) endet in einem fortissimo, auf welches das Finale des B-Teils folgt. Bei letztendlich bis zu fortissimo ansteigender Lautstärke kommt es erst bei der bisher höchsten vertikalen und horizontalen Notendichte (in beiden Händen werden gleichzeitig Klänge bestehend aus dauerhaft 4 Noten gespielt) zum Anschlagen nah aneinander liegender Akkorde und danach zu der bereits erwähnten Abwertsbewegung vom A6 bis zum D4 in den oberen Tönen der rechten Hand, in welcher die zur Oktave aufgespreizte Hand in Sekunden abwärts wandert. So führt der B-Teil in der Lautstärke fortissimo in den zweiten A-Teil, welcher sich von dem ersten A-Teil hauptsächlich durch eine passend zur erhöhten Spannung beziehungsweise Lautstärke erhöhte vertikale Dichte der Töne vom ersten A-Teil unterscheidet. Die Muster sind identisch zu denen aus dem ersten A-Teil, die Spannung nimmt zum Ende durch Verringerung von horizontaler und vertikaler Dichte der Noten (langsameres Tempo und Klänge mit weniger Tönen) in Kombination mit einer mehrfachen Abnahme der Lautstärke (diminuendo) ab.
Insgesamt lassen sich aus dieser Analyse eines Marsches von Rachmaninow mehrere Kriterien für die eigene Komposition in Anlehnung an dieses Werk erstellen.
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